Höhenarbeiten: Die wichtigsten Key-Facts in der Übersicht
In vielen Bereichen wie dem Energiesektor, der Industrie, aber auch bei Reinigungsarbeiten wird oft in schwindelerregenden Höhen gearbeitet. Aufgrund der besonders hohen Gefährdung für die Höhenarbeiter, als auch für Dritte durch herunterfallende Werkzeuge oder Arbeitsmaterialien, gelten strenge Vorschriften zur Arbeitssicherheit. Oft müssen deshalb je nach Situation verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Im Vorfeld ist immer eine Risikobeurteilung anhand gewisser Kriterien wichtig. Ein umfassendes Sicherheitskonzept für das Arbeiten in der Höhe umfasst sowohl Schulungen, Sicherheitsprotokolle als auch technische Schutzausrüstung. Wer in luftiger Höhe arbeitet, ist deutlich mehr Gefahren ausgesetzt, als am Boden. Sicherheit sollte deshalb immer oberste Priorität haben.
Wann wird von Höhenarbeiten gesprochen und welche Vorschriften gelten?
Schon geringe Arbeitshöhen bergen ein erhöhtes Unfallrisiko. Nicht grundlos gibt es im EU-Raum bis zu einer halben Millionen höhenbedingte Arbeitsunfälle im Jahr und laut einer Studie der BG Bau ist das Arbeiten auf Dächern, Dachstühlen und anderen hohen Standorten besonders gefährlich. Hinzu kommen Gefahren für Kollegen und Unbeteiligte am Boden durch herunterfallende Gegenstände. Aus diesem Grund gelten für Höhenarbeiten strenge Vorschriften zur Absturzsicherung sowie Absperrung und Kennzeichnung. Per Gesetz sind mit Höhenarbeiten alle „seilgestützten Arbeitsverfahren“ an Fassaden, Rohbauten oder Strukturen gemeint. Dabei muss es sich nicht zwingend um bauliche Tätigkeiten handeln, denn auch Kontroll- und Reinigungsarbeiten sind inbegriffen. Bei dieser Art von Tätigkeit kommen häufig Sicherheitsseile und Geschirre zum Einsatz, die Abstürze verhindern sollen. Alternativ können Auffangeinrichtungen nötig sein. Verantwortliche müssen in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Vorschriften und Richtlinien
- aus dem Arbeitsschutzgesetz
- der PSA-Benutzungsverordnung
- der Arbeitsstättenverordnung
- sowie der Betriebssicherheitsverordnung
beachten. Außerdem können weitere Vorgaben der jeweiligen Berufsgenossenschaft relevant sein.
Sicherheit fängt bei der Arbeitsvorbereitung an
Höhenarbeiten dürfen nur von geschulten Fachkräften wie Gewerbe- oder Industriekletterern durchgeführt werden. Höhenarbeiter haben deshalb vor dem Arbeitseinsatz einen gesetzlich zugesicherten Anspruch auf eine spezielle Schulung. Vor Arbeitsbeginn steht jedoch eine Risikobeurteilung an. In dieser müssen Verantwortliche die Erforderlichkeit von entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen feststellen. Diesbezüglich gibt es klare Vorgaben. In der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) heißt es dazu:
„Können zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen nicht auf sichere Weise und unter angemessenen ergonomischen Bedingungen von einer geeigneten Standfläche aus durchgeführt werden, sind Maßnahmen zu treffen, mit denen die Gefährdung der Beschäftigten so gering wie möglich gehalten wird.“
Welche Vorkehrungen richtig und wichtig sind, lässt sich einerseits direkt aus den vorhandenen Richtlinien ableiten und muss andererseits situativ beurteilt werden. Teil der Gefährdungsbeurteilung ist deshalb immer eine genaue Inspektion der Arbeitsumgebung. Neben der potenziellen Absturzhöhe sind auch die Dauer und die Belastung durch die Arbeit einzukalkulieren. Bei baulichen Anlagen helfen Dokumente und Unterlagen zur Planung, um die Beschaffenheit der Arbeitsfläche einzuschätzen.
Wer allein arbeitet, ist besonders gefährdet
Wenn möglich, sollten Höhenarbeiten immer im Team durchgeführt werden. Manchmal ist es aufgrund der Anzahl verfügbarer Arbeitskräfte oder abhängig vom Einsatzort jedoch unumgänglich, dass ein Höhenarbeiter allein arbeitet. Auf Baustellen zählen Stürze aus der Höhe zu den häufigsten Unfallursachen. Wenn nur eine Person arbeitet, dann ist diese allein dafür verantwortlich, die Vorgaben zur Arbeitssicherheit während des Arbeitsprozesses einzuhalten und zu kontrollieren. Wird etwas übersehen, ist kein weiteres Augenpaar anwesend, um das Versäumnis zu registrieren. Genau deshalb gelten Höhenarbeiter, die alleine tätig sind, als besonders gefährdet. Teilweise lässt sich das erhöhte Unfallrisiko jedoch durch technische und organisatorische Maßnahmen kompensieren. Wichtig ist vor allem, dass in einer Gefahrensituation das schnelle Einschreiten durch Dritte möglich ist. Ein am Körper getragenes Notsignalgerät kann deswegen Leben retten.
Hierarchie der Schutzmaßnahmen einhalten
Bei der Priorisierung verschiedener Maßnahmen zur Unfallvermeidung gibt es zwei grundlegende Vorgehensweisen. Zum einen das TOP-Prinzip, welches technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen unterscheidet und eine Maßnahmenhierarchie. Letztere setzt die Absturzsicherung an erste Stelle. Darauf folgen Auffangvorrichtungen. Diese sollten jedoch nur dann Vorrang haben, wenn die Absturzsicherung aus triftigen Gründen nicht genutzt werden kann. Ganz unten in der Hierarchie steht die persönliche Schutzausrüstung. Zu dieser gehören beispielsweise Schutzhelme. Auch hier darf der Fokus nur dann auf der persönlichen Schutzausrüstung liegen, wenn weder eine Absturzsicherung noch eine Auffangvorrichtung infrage kommt. Im Idealfall werden selbstverständlich alle drei Maßnahmenkategorien berücksichtigt. Im Bereich der Ausrüstung sollte die Absturzsicherung immer Priorität haben.
Notfallplan für Rettungsmaßnahmen
Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kann es bei Höhenarbeiten innerhalb kurzer Zeit zu einer Notfallsituation kommen. Wie gefährlich ein solches Szenario ist, hängt auch stark davon ab, wie schnell sich Rettungsmaßnahmen einleiten lassen. Besonders problematisch ist es, wenn ein Höhenarbeiter durch einen Sturz bewusstlos wird und dann bewegungslos im Geschirr baumelt. In einem solchen Fall müssen Kollegen zügig reagieren. Neben einer Schulung, in der Teilnehmer das korrekte Verhalten lernen, bedarf es auch einer passenden Ausrüstung. Idealerweise gibt es zusätzlich Protokolle, die das Verfahren zur Rettung des bewusstlos hängenden Mitarbeiters in einem detaillierten Schritt-für-Schritt-Verfahren vorgeben. Dabei sollten die technischen Eigenschaften der Schutzausrüstung berücksichtigt werden. Die Rettung von unten ist beispielsweise nur möglich, wenn die Arbeitsseile über passende Mechanismen zum Lösen verfügen. Außerdem braucht es gegebenenfalls
, um einen verbleibenden Höhenunterschied beim Herablassen auszugleichen.Warum die Absperrung und Kennzeichnung nicht genügt
Bei Höhenarbeiten sind nicht nur die Höhenarbeiter selbst gefährdet, sondern auch Personen, die sich unter ihnen am Boden aufhalten. So können sich herunterfallende Werkzeuge und Materialien schnell in tödliche Geschosse verwandeln. Der Bereich unterhalb des hoch gelegenen Arbeitsplatzes muss deshalb immer abgesperrt und mit unmissverständlichen Warnschildern gekennzeichnet werden. Personen, die sich am Boden in unmittelbarer Nähe oder temporär innerhalb des abgesperrten Bereichs aufhalten, haben außerdem Schutzhelme zu tragen. Diese wichtigen und fundamentalen Vorkehrungen allein reichen jedoch nicht aus. Das Herunterfallen von Werkzeugen lässt sich verhindern, wenn passende Werkzeuggürtel oder Holster getragen werden. Gegenstände, die sich aufgrund eines zu hohen Gewichts nicht direkt am Körper befestigen lassen (schwerer als 3 kg) sind von den Arbeitern separat über Schlaufen und Befestigungen an sicheren Ankerpunkten abzusichern. Das Wechseln der Arbeitsausrüstung sollte aus Sicherheitsgründen nur am Boden erfolgen. Mit diesen Tipps minimieren Höhenarbeiter das Risiko durch herunterfallende Gegenstände bereits beachtlich.
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